Mein Geburtstag in Wien
Im Dachgeschoss nahe dem Naschmarkt ist es kuschelig und ruhig in dem schönen Schlafzimmer von Christine. Heute ist ein besonderer Morgen: mein Geburtstag! Ich brühe mir einen grünen Tee. Die Toilette ist auf dem Flur, also außerhalb der Wohnung. Ganz schön kalt der Weg in der Nacht dorthin. Auch ein bisschen kafkaesk. Auch jetzt, denn es regnet nach wie vor in Strömen. Aus der Nachbarwohnung dringen wienerische Sprachmelodien. Eine alte Dame wird vom Pflegedienst versorgt. Die Fenster ihrer Küche gehen zum Stiegenhaus. Das kenne ich bis jetzt nur aus Venedig und Rom. Hier stehen auch ein paar Blumenkübel. Das Hausflurfenster zum Hof wie alles andere Original mit einem Metall-Hebel zum Verschließen. Die Küchen Gardine der alten Dame original aus den 30er Jahren? Leider barfuß mit meinem Mantel über dem Pyjama fühlt sich der Steinboden unter meinen Füßen wie eine Eisbahn an. Ich tipple zurück. Diese Empfindung der Kälte auf dem Steinboden, die Architektur und die Gardinen lösen in mir historische Bilder in meiner inneren Wahrnehmung aus.
In Christine’s kleiner Wohnung liegen der Herd und Dusche in der Eingangsdiele einen halben Meter auseinander. Erneut verliebe ich mich in ihr kleines Paradies. Und Mädels im Zwischenflur zum Wohn – und Schlafzimmer gibt es Platz für einen großen Schrank, der auch prall genutzt wird.
Wie eine Wienerin…
…oder zumindest eine Hier-Wohnende – stürme ich über den Naschmarkt zur U-Bahn, dieses Mal mit einem Schirm. Leider ist es zu früh für einen schnellen Kaffee im Stehen. In allen Ausschänken wird gerade noch geputzt. Ich kreuze auch das Stand Restaurant Neni von Samy Molchos Frau Haya. Die ganze Familie, ihre drei Söhne und die Mutter, arbeiten da zusammen. Jetzt sehe ich sie durch die Glasscheiben alles für den kommenden Tag vorbereiten. Das will ich unbedingt ausprobieren. Das Ehepaar Molcho hatte vereinbart, dass zunächst die Karriere von Samy Vorrang haben sollte. Samy Molchos Weltkarriere als Pantomime berührte Millionen von Menschen. Wenn die drei Söhne aber erwachsen wären, sollten die Wünsche von Haya Vorrang bekommen. Das Ergebnis ist das Neni und ein Catering und eine eigene Produktreihe im Supermarkt. Haya ist ein grandiosen Beispiel für: LebensLust und Ilse trifft. Next Time…
www.neni.at
Ich habe es eilig. Eine Händlerin erkennt mich wieder. Gestern hatte ich sie im strömenden Regen und mit einem klatschnassen Wolltuch um den Kopf nach dem Weg gefragt und durfte getrocknete Erdbeeren und kandierte Papaya kosten. Offensichtlich sehe ich heute anders aus: „Schiikkk“ ruft sie mir mit einem russischen Klag zu. Ich rufe ihr zu, dass ich später vorbeikommen werde. Sie glaubt es nicht wirklich. Das sehe ich ihr an. Ich werde sie positiv überraschen. Habe ja noch 3 Tage Wien vor mir.
Eine U-Bahn Station weiter bin ich wieder mit David Aurer verabredet. Zusammen fahren wir zu meinem ersten Drehtag für diesen Blog. Er hat mir als er erfahren hat, dass ich mit dem Handy drehen will, seine Mitarbeit als Kameramann geschenkt. Wow, danke David!!!
Wie ich Viktor Frankl entdeckt habe
Nachdem ich meine Eltern bis zu ihrem Tod begleitet hatte begann ich mich wieder um mich zu kümmern. Ich fühlte mich irgendwie verloren… so plötzlich allein und ohne einen Tag, der in Minuten getaktet war. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht mehr wie man das macht: sich um sich selbst kümmern.
Was mache ich jetzt mit meinem schönen Leben?
War die Frage, die ich mir stellte. Zurück in den Beruf? Na ja schwierig. (siehe LebensLust) Meine Eltern hatten mich spät bekommen. Historisch gesehen. Sie waren zu meiner Geburt 38 Jahre alt. Heute wäre das ja eher eine durchschnittlich normale Zeit ein Kind zu bekommen. Eine Spät-Gebärende ist man eher ab Anfang 40. Dennoch hat es eben Auswirkungen. Als meine Eltern 85 Jahre alt waren war ich 47 Jahre alt. Mitten in meiner Karriere und gerade dabei eine weitere Expansion vorzubereiten. Stattdessen unterbrach – so dachte ich damals – mein kosmopolitisches Medienleben und zog wieder in das Kinderzimmer ein. Mein Lebensalter hatte ich bis dahin nur so wahrgenommen: Ich war meist die Jüngste, die das tat was ich tat… oder anders herum mein Umfeld war 8 bis 18 Jahre älter.
Der Sinn des Lebens?
Plötzlich waren diese Fragen nach dem Sinn des eigenen Lebens überall präsent. Es beschäftige die Menschen um mich herum, egal ob auf einer Vernissage, bei einer politischen Diskussion oder privaten Geburtstagsfeier. Irgendwie war es das Thema Nr.1 bei den zwischen 38 und 63 Jährigen.
Ich recherchierte über den „Sinn des Lebens“. Plötzlich war er in meinem Leben: Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie (Logos= der Sinn) also die Therapie des Sinns und der Existenzanalyse. Das ist neben Freund und Adler die 3. Wiener Schule der Psychotherapie.
Viktor Frankl/ Foto
In meiner Trauer und meinem damaligen Burnout nach den fünfeinhalb Jahren Zusammenleben und Unterstützung (Pflege) meiner Eltern waren die Bücher von Viktor Frankl, seine Gedanken und Therapie Ansätze eine Bestätigung und Balsam für meine Seele.
Frankls Erfahrungen im KZ begründen die Logotherapie
Viktor Frankl hatte im KZ beobachtet, dass ein Mitgefangener in seiner Baracke sich in den Grenzzaun warf und dort jämmerlich zu Tode kam während ein anderer Mitgefangener anderen half und psychisch stabil war. Woran konnte das liegen? Beide lebten unter den gleichen furchtbaren Bedingungen. Viktor Frankl fand heraus, dass der Mann, der sich suizidiert hatte seine Familie verloren hatte und für sich selbst eine Zukunft sah. Er war im wahren Sinn der Worte seines Lebenssinns beraubt worden. Der andere Mann hingegen wusste seinen kleinen Sohn in Sicherheit in England. Dieses Wissen gab ihm die Kraft im Lager zu überleben. Seinen Sohn wiederzusehen war sein Sinn des Lebens. Diese Beobachtungen waren der Grundstein der Logotherapie. Darüber mehr in: Transit in die 2. Lebenshälfte.
In Wien gibt es ein Viktor Frankl Institut, ein Viktor Frankl Archiv und ein Viktor Frankl Museum.
Neue Öffnungszeiten für das weltweit 1. VIKTOR FRANKL MUSEUM – ab sofort:
freitags 13:00 – 18:00 Uhr
samstags 11:00 – 18:00 Uhr
montags 13:00 – 18:00 Uhr
sowie jeden 1. Freitag im Monat: 13:00 – 20:00 Uhr
Eingeladen war ich jetzt in das Viktor Frankl Museum. Zwischen dem Institut: www.franklzentrum.org/ und dem Museum http://www.franklzentrum.org/museum/das-museum.html liegt die Privatwohnung von Viktor Frankl liegt dazwischen. Hier lebt seine Witwe, wie ich höre jetzt schon in den 90ern möchte sie zwar keine Interviews mehr geben, nimmt aber die Treppe und nicht den Fahrstuhl.
Vorständin Mag. Elisabeth Gruber, führte uns durch die Ausstellung und erklärte uns die Philosophie und die Therapieform von Viktor Frankl.
Die Videos und Postcasts werde ich hier als Mini Serie demnächst einstellen.
Hier der Meister im O – Ton: youtube